Weshalb sind Sie heute hier?
Einerseits natürlich als Vertreterin der SMCCV, ich betreue heute unseren Informationsstand. Ich kann jedoch auch ganz persönlich vom Coloplast-Tag profitieren. Mit 18 erhielt ich die Diagnose Colitis ulcerosa und habe seit wenigen Monaten selber ein Stoma. Der Coloplast-Tag ist sehr interessant, vor allem den Austausch mit anderen schätze ich sehr! Es hilft mir zu erfahren, wie andere ihr Leben oder die Arbeit meistern.
Fiel Ihnen der Entscheid zur Stoma-Operation einfach?
Nein, überhaupt nicht! Ich habe mich lange dagegen gewehrt. Doch leider halfen mir auch starke Medikamente nicht, lediglich Kortison versprach etwas Linderung. Aufgrund der hohen Dosis hatte ich aber extreme Nebenwirkungen und auch mein Aussehen wurde stark beeinträchtigt. Ich schämte mich, in die Öffentlichkeit zu gehen. Die vielen Klinikaufenthalte habe ich aufgehört zu zählen. Nach einem erneuten starken Krankheitsschub gab es nur noch eine Möglichkeit: Das Stoma. Die Ärzte sagten mir, dass ich möglicherweise nicht überlebt hätte, wenn ich einige Tage später ins Spital gekommen wäre.
Und wie geht es Ihnen heute, nach der Operation?
Am Anfang war der Beutel am Bauch etwas befremdend; ich wollte das Stoma nicht anschauen, ich ekelte mich davor. Aber als es mir von Tag zu Tag besser ging, fing ich an, es als meinen Lebensretter zu sehen und begriff, dass das eine neue Chance für mich war. Heute bin ich sehr froh, dass ich mich zu diesem Schritt entschlossen habe. Nach Jahren starker Schmerzen, Einschränkungen und der permanenten Angst, es nicht auf die nächste Toilette zu schaffen, kann ich endlich wieder ein normales Leben führen. Ohne Schmerzen und ohne wiederkehrende Spitalaufenthalte. Ich bin glücklich, gehe wandern, kann normal essen, mit Freunden in die Badi oder worauf auch immer ich Lust habe.
Was ist für Sie als junge Stomaträgerin wichtig?
Offene Gespräche unter Betroffenen sind sehr hilfreich. Zu wissen, dass man nicht alleine ist, gibt viel Kraft. Ich bin erstaunt, wie viele junge Stomaträger am Coloplast-Tag sind. Es sollte noch viel mehr Gelegenheit zum Austausch unter Jungen geben, das ist ein echtes Bedürfnis. Dasselbe erleben wir auch in der SMCCV, ich darf mich dort um 18- bis 35-Jährige kümmern, die von chronischen Darmerkrankungen betroffen sind.
Und was nehmen Sie besonders mit von diesem Tag?
Viele schöne Eindrücke, Gespräche und neue Kontakte. Und ich habe mir ein schönes Spitzen-Höschen gekauft. In Sachen Mode dürfte es meiner Meinung nach für Junge jedoch noch mehr Peppigeres geben. Ausserdem habe ich das Potential und das grosse Bedürfnis erkannt. Es wird immer noch viel zu wenig und zu wenig offen über das Thema Stoma gesprochen. Ein Besucher hat mir erzählt, dass er schon 20 Jahre ein Stoma trägt, aber nie darüber redet. Dabei sollte das kein Tabu sein; es ist ein Hilfsmittel, es ist sauber … nichts, wofür man sich zu schämen braucht.